Fragen zum Thema
Sexualität - Die sexuelle Orientierung

Es gibt verschiedene Formen der geschlechtlichen Identität und es gibt verschiedene Formen der sexuellen Orientierung. Beides lässt sich nicht beeinflussen.
 
Die geschlechtliche Identität drückt aus, wie man das eigene Geschlecht leben will. Dabei gibt es mehr als zwei Geschlechtskategorien. Nicht alle Menschen sind entweder Mann oder Frau. Menschen können sich als männlich oder weiblich fühlen, als weder männlich noch weiblich, als etwas dazwischen oder als ganz anders. Verschiedene Begriffe bezeichnen die verschiedenen Formen von geschlechtlicher Identität, zum Beispiel: binär, transsexuell, intersexuell, nicht-binär, genderqueer, …
 
Die sexuelle Orientierung sagt aus, zu welchem Geschlecht man sich hingezogen fühlt. Auch hier gibt es verschiedene Formen. Je nachdem, ob man sich zum eigenen, zu einem anderen Geschlecht oder zu mehreren Geschlechtern oder auch zu gar niemandem hingezogen fühlt, spricht man beispielsweise von Heterosexualität, Homosexualität, Bisexualität, Pansexualität, Asexualität, Demisexualität, Polysexualität, …
Wenn man – ganz egal wie und wann - feststellt, dass man sich sowohl zu Frauen als auch zu Männern hingezogen fühlt, dann überrascht oder verwirrt das zunächst einmal. In unserer Gesellschaft gilt verbreitet als Norm nach wie vor die Heterosexualität. Über andere Formen der sexuellen Orientierung, z.B. Homosexualität, Bisexualität usw. wird sehr wenig oder gar nicht oder sehr negativ geredet. Es gibt noch viele Vorurteile in diesem Zusammenhang. Klarerweise fällt es einem da schwer, sich die Gefühle einzugestehen, und noch schwieriger ist es, sie offen auszuleben.
Doch deine bisexuellen Gefühle sind nichts Unnormales, sie sind weder krank noch pervers, weder gut noch schlecht, sondern: sie sind ganz einfach da.

Bei der Bisexualität gibt es Phasen, wo man sich mehr zu Männern und dann wieder mehr zu Frauen hingezogen fühlt. Manche leben ihre Bisexualität gleichzeitig aus, andere hintereinander, sie haben abwechselnd eine Beziehung mit einer Frau und einem Mann.

Es ist wichtig, dass du gut auf deine Gefühle und Bedürfnisse achtest, dass du sie ernst nimmst und du das tust, wobei du dich wohl fühlst – immer vorausgesetzt natürlich, du schadest dabei niemandem.
In deinem Alter ist die sexuelle Orientierung eines Menschen noch nicht ganz eindeutig. Wenn in deinen Träumen oder sexuellen Phantasien Frauen vorkommen, dann heißt das nicht automatisch, dass du lesbisch bist. Es gibt Phasen, wo man sich mehr zu einem anderen Geschlecht hingezogen fühlt und dann wieder Phasen, wo man sich mehr zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlt oder auch Phasen, wo man sich zu mehreren Geschlechtern gleichermaßen hingezogen fühlt. Diese Phasen können sich immer wieder abwechseln, irgendwann kann man die eigene sexuelle Orientierung dann klar zuordnen.

Beobachte einfach wie sich deine Gefühle und Bedürfnisse entwickeln, versuche sie nicht zu verdrängen oder zu verleugnen. Nimm sie ernst und tue das, wobei du dich wohl fühlst – immer vorausgesetzt natürlich, du schadest dabei niemandem.
Ich kann gut verstehen, dass dich deine momentane Situation bedrückt und dich die Frage beschäftigt, wie du deiner Familie sagen kannst, dass du homosexuell bist. Das Thema Homosexualität ist immer noch mit vielen Vorurteilen und Ängsten verbunden und löst bei den Menschen die unterschiedlichsten Reaktionen aus.

Wie es dir gelingen kann, deinen Eltern von deiner Homosexualität zu erzählen, ohne sie zu enttäuschen, zu überfordern, zu verunsichern, ... das ist für mich schwer zu sagen. Ich denke, dass hier viele Faktoren zusammenspielen. Zum Beispiel spielt die grundsätzliche Beziehung zwischen dir und deinen Eltern eine Rolle oder die bisherige Art, wie in deiner Familie über Sexualität und sexuelle Orientierung, also auch über Homosexualität, geredet wurde oder wie das bisherige Klima bei der Bewältigung von persönlichen Konflikten allgemein war.

Generell ist es so, dass sich nur wenige Eltern Gedanken darüber machen, wie es wäre, wenn ihr eigenes Kind eine homosexuelle Orientierung entwickeln würde und daher werden die meisten von dieser Tatsache überrascht. Sie erleben die Offenbarung ganz unvorbereitet und müssen sich zunächst selbst mit der neuen Situation beschäftigen. Und hier handeln Eltern sehr unterschiedlich. Wenn sie bereits die eine oder andere persönliche Krise durchgestanden haben oder schon öfter enttäuschte Erwartungen gut bewältigt haben, dann können sie wahrscheinlich leichter mit der Nachricht umgehen. Auch denke ich, fällt es den Eltern vielleicht leichter, ihre Kinder zu akzeptieren wie sie sind, wenn sie nicht zu hohe Erwartungen an sie geknüpft haben.

Auf jeden Fall ist der Schritt nach außen ein sehr mutiger Schritt, und auch wenn man es sich anders wünscht, so ist es nicht immer gleich ein entlastender und befreiender Schritt, sondern zunächst ein schmerzlicher, krisenhafter Prozess. Eine Rolle spielt in dem Ganzen auch, inwieweit du selbst mit dir im Klaren bist, also ob du dich deiner Orientierung sicher fühlst und du dich stark genug fühlst, deine Familie damit zu konfrontieren. Wenn man sich der eigenen Gefühle noch nicht sicher ist, kann es manchmal sein, dass die Reaktion der Eltern die gespürten Zweifel noch verstärkt.

Um nicht ganz alleine mit den Reaktionen fertig werden zu müssen, bringen manche zum Gespräch mit den Eltern eine vertraute Person mit, die bereits eingeweiht ist. Oder sie bitten eine Person ihres Vertrauens, die auch von den Eltern geachtet wird, die Nachricht vom „Anderssein“ zu übermitteln.

Eine andere Möglichkeit wäre auch, den Eltern einen Brief zu schreiben, dadurch gibt man den Eltern und sich selbst Zeit, bevor eine persönliche Begegnung stattfindet.