Tschüss Mami! Tschüss Papi!

Endlich 18! Endlich volljährig! Endlich von daheim ausziehen und das eigene Leben in die Hand nehmen. Endlich zusammenwohnen mit anderen Gleichaltrigen, mit dem Freund oder der Freundin. Wunschtraum oder Albtraum?

Zusammenwohnen – klingt einfach, ist es aber nicht. Es gibt die unterschiedlichsten Formen des Zusammenwohnens. Und es hat viele verschiedene Facetten.

Manchmal frage ich mich, ob der Mensch wirklich dafür gemacht ist, mit anderen zusammen zu sein oder ob er im Grunde seines Herzens nicht doch ein einsamer Wolf ist. Im Jugendalter träumen wir davon, die enge Verbindung zu unseren Eltern zu lösen und eigene Wege zu gehen. Wir wollen hinaus in die Welt und irgendwo anders wohnen: in Amerika, Australien, London, Spanien oder wo auch immer … Hauptsache weit weg!
Die Vorstellung, nicht bis ans Ende unserer Tage im Haus der Eltern wohnen zu wollen, ist gut und richtig. Früher oder später ist es notwendig, die Nabelschnur zu den Eltern zu kappen und die eigenen Flügel auszubreiten, um selbständig und autonom das eigene Leben leben zu können. Wer hat nicht schon davon geträumt, ein eigenes „Nest“ zu haben, in dem man tun und lassen kann, was man will, ob das nun eine Spaghettata um Mitternacht ist oder Musikhören in voller Lautstärke. Und in dem man die eigene Ruhe hat.

Die eigene Ruhe haben? Das ist eine schöne Wunschvorstellung! Denn wann gelingt es dem menschlichen Gemüt ruhig zu bleiben? Wenn wir uns verlieben, können wir nicht mehr schlafen. Wenn die Liebe beantwortet wird, macht unser Herz Freudensprünge. Und wenn die Liebe verschwindet, dann bleiben wir innerlich auch nicht gerade im Gleichgewicht.

Wäre es also doch besser, alleine zu bleiben?

Single fürs ganze Leben sozusagen? Wahrscheinlich nicht. Jede*r kennt den Kummer, der entsteht, wenn wir keine verwandte Seele an unserer Seite haben. Wer den Film „Into the Wild“ gesehen hat, weiß, dass die schönen Dinge des Lebens keinen Wert haben, wenn wir sie nicht teilen können.

Der Wunsch aller ist, ein gutes Leben zu führen. Das Leben zusammen mit anderen hat Vorteile und Nachteile, Für und Wider, es bringt Verluste und Gewinne mit sich. Jede*r kennt vermutlich die Erfahrung, wie aufbauend ein lockeres Gespräch mit dem Bruder, der Schwester, einem Freund oder einer Freundin sein kann. Zugleich weiß jede*r, wie nervenaufreibend es sein kann, den Alltag Tag für Tag mit dem Bruder, der Schwester oder den Eltern zu teilen.

Wer sich entscheidet, mit jemanden zusammenzuleben, entscheidet sich dafür, mit jemandem ein enges Band zu knüpfen, sowohl in schönen als auch in schwierigen Momenten. Am Anfang ist alles neu und spannend. Irgendwann aber tritt der Alltag ein. Und der ist dann etwas schwerer zu meistern.

Die Entscheidung, mit jemandem zusammenzuleben, ist also erst der Anfang einer Reise. Man weiß nicht, wohin diese Reise führt. Um sie fortführen zu können, muss man flexibel sein und darf niemals aufhören zu träumen.